Nachdem ich am Vortag zufrieden vom Testflug in Bern nach Hause gekommen bin, hatte ich heute ein unerfreulicheres Erlebnis. Vom Flughafen Bern hat mich die folgende E-Mail erreicht: „Eine wichtige Info bezüglich N138CR wurde mir gestern von einem meiner Schichtleiter (ich habe diese angewiesen, hinsichtlich Ihrem Vorhaben ein verstärktes Augenmerk auf Ihr Flugzeug zu halten) mitgeteilt. Offensichtlich wurden Kratzspuren festgestellt. Es kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass einer meiner Mitarbeiter diesen verursacht hat. Der Schaden wurde festgestellt, bevor einer meiner Mitarbeiter das Fluggerät berührt hat (Aussage Schichtleiter).“
Schöne Bescherung und ausserordentlich ärgerlich. Ein Mechaniker musste kontrollieren, ob es nicht auch noch Schäden am Propeller gegeben hat. Aufgrund von Fotos konnte ich beweisen, wer den Schaden verursacht hat: es war die Handling Crew des Flughafens Bern! Solche Dinge passieren dort alle paar Monate und langsam hatte ich die Nase voll! Für den geplanten Abflugtag sah auch die Meteoprognose lausig aus. Ganz Europa war von heftigen Gewittern überzogen. Eine Verschiebung des Abflugs um einen Tag schien Sinn zu machen.
D-3: Donnerstag, 17.7.2014
Nachdem ich am Donnerstag die Nachricht erhalten hatte, dass es am Flaschenhals Iqaluit CYFB immer noch keinen Treibstoff für Kolbenmotoren (AVGAS) gab und mit dem Eisbrecher erst am 30. Juli zu rechnen war, kam nun die Nachricht, dass ein Eisbrecher unterwegs war. Leider wusste niemand ob AVGAS an Bord war. André SCHNEEBERGER von AIRMATEC in Bern hat den Propeller kontrolliert und keine Schäden gefunden. Im Moment war – ausnahmsweise – kein Hindernis für den Flug erkennbar. Um 1500 Uhr wurde alles Material – mit Unterstützung von Ralph PETER (Head of Ramp Services) – durch die Security in Bern geschleust.
Es hatte sich nun doch ein veritabler Stapel Material angesammelt. Der grösste Teil davon war das Material zum überleben einer Notlandung im Atlantik oder in Eis und Schnee. Mit den 6 leeren 20 Liter Kanistern wollte ich Varianten für allfällige Sprit-Engpässe in Iqaluit CYFB schaffen. Ich hätte dann in Grönland zusätzlich 120 Liter AVGAS in die Kanister einfüllen, diese in Iqaluit CYFB in die Tanks der Maschine umfüllen (diese fassen etwas mehr als 300 Liter) können und hoffte dann in Kanada damit so weit nach Süden zu kommen, um irgendwo Sprit zu erhalten. Der weisse Kanister links auf dem Bild enthält 20 Liter Enteisungsflüssigkeit. Die Cirrus ist mit einem sogenannten „Weeping Wing“ (Weinender Flügel) Enteisungssystem ausgestattet. Die mit dünnen Titanblechen beplankten Flügelvorderkanten haben feine Löcher. Durch diese strömt das Enteisungsmittel Glykol (Alkohol), benetzt die Tragflächen, das Höhenleitwerk, den Propeller und die Frontscheibe und verhindert so Eisansatz. Eine Füllung Glykol reicht für eine Stunde Enteisung. Leider gibt es auf der ganzen Strecke nur wenige Flugplätze auf denen ich mich mit Enteisungsflüssigkeit eindecken könnte.
In jeder Wolke hat es Feuchtigkeit. Fliegt man nun in Höhen mit Temperaturen unter 0 Grad Celsius kann es zu Vereisung des Flugzeugs kommen. Die Eisschicht bildet sich an „stirnseitigen“ Flächen, also an den Vorderkanten von Flügel, Seiten- und Höhenleitwerk und an der Flugzeugnase. Die Maschine kann durch die Eisbildung massiv schwerer werden. Auch der Luftwiderstand ist erhöht. Zudem verändert sich das Flügelprofil, was den Auftrieb reduziert. Deshalb muss ein vereistes Flugzeug schneller fliegen, um einen Strömungsabriss zu verhindern. Ohne Enteisungssystem ist ein längerer Flug in Vereisungsbedingungen deshalb unmöglich und selbst Airliner stürzen immer wieder einmal wegen Vereisung ab.
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