Tag 12: Prestwick-Basel

Für meine Verhältnisse habe ich heute ausgeschlafen, denn ich bin erst um 0530 LT erwacht. Ein erster Blick aus dem Fenster meines Schlumpfenzimmers zeigte mir, dass die Wetterprognose korrekt war. Es hat aus tief hängenden Wolken geregnet.

Hier die zu erwartenden Vereisungsbedingungen auf 15’000 ft

In der Nacht ist noch eine Anpassung des Flugplans eingetroffen. Diese habe ich auf beiden iPads in der GARMIN und der JEPPESEN App abgespeichert. Dann habe ich das aktuellste Flugwetter herunter geladen und abgespeichert und ging dann unter die Dusche. Einmal mehr hatte auch dieses Zimmer nicht warmes Wasser, sondern einen Durchlauferhitzer, der in der Duschkabine drinnen, das Wasser erhitzte. Da dies nur für die Dusche so eingerichtet war, blieb mir logischerweise nichts anderes übrig, als mit kaltem Wasser zu rasieren. Das gibt zwar einige blutende Stellen, doch danach ist man wach. Man hat mir gesagt, dies gäbe die markanten männlichen Gesichtszüge…!

Die Einrichtung des Parkstone Hotels stammt vermutlich noch aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg!

Das Frühstück habe ich durch stramme Haltung ersetzt, als ich sah was es gab. Man hatte nur die Wahl zwischen fettig oder süss…!

Um 0800 LT hat mich mein Fahrer abgeholt und brachte mich auf den Flughafen. Dort waren alle Einfahrten weit geöffnet. Von Security weit und breit nichts zu sehen. Der Fahrer sagte nur lakonisch, dies sei immer bei Schichtwechsel so.

Im FBO schienen alle sehr gestresst. Alle Sofas waren durch amerikanische Gentlemen aus Los Angeles in reiferem Alter besetzt, die mit dem Jet auf dem Heimweg von einem Golftrip in Schottland waren. Einer hat den anderen genüsslich von einem grossen Grundstück erzählt, welches er vor 12 Jahren für 8 Millionen Dollar gekauft hatte und für welches ihm nun eine Milliarde geboten wurde. Ob es stimmt…? Doch manchmal fragt man sich trotzdem, ob man im falschen Film ist…!

Die für das Rechnungswesen verantwortliche Dame erschien dann erst um 0820 LT und ich musste sie mit sanfter Gewalt dazu bringen, endlich die Rechnung für mich zu schreiben. Als sie dann nach meiner Adresse und anderen Daten gefragt hat, bat ich sie, einmal nachzusehen, ob ich nicht schon im System sei. Das war dann tatsächlich auch der Fall und das Verfahren konnte so etwas beschleunigt werden…!

Wenig später, war ich bei der Maschine, machte die Checks, genoss es, wieder einmal einen Flug ohne Frankenstein machen zu dürfen und holte die Startup Clearance ein. Ich wurde nach Basel LFSB gecleared mit einem NGY 1K Departure, zuerst auf 6’000 ft, das QNH war 1018 und der Transpondercode (Squawk) 5263.

Nun konnte es los gehen. Motor starten, System hochfahren, doch…, was war das…? Ja, einmal mehr ist mein MFD abgestürzt und auch nach drei Resets brachte ich es nicht fertig, es zum Laufen zu bringen.. Mittlerweile wusste ich jedoch, was ich zu tun hatte. Ich habe einfach den einen iPad vor dem MFD fixiert und hatte so wenigstens die GPS-Karte vor Augen. Leider hatte ich einmal mehr nur die alte analoge Benzinstandsanzeige…!

Der zweite iPad ersetzt das MFD

Exakt wie geplant, bin ich um 0800 gestartet, verschwand sofort in den Wolken und stieg in einer weiten Linkskurve nach Süden. Auf 6’000 ft kam ich aus den Wolken, stieg weiter auf FL 130 und stellte alle Parameter für den Reiseflug nach Süden ein.

Der Funk war anfänglich noch ruhig. Nördlich von Manchester, wurde es jedoch hektischer um dann nördlich von London den Höhepunkt zu erreichen. Da prasselten die Anweisungen der Fluglotsen wie Maschinengewehrfeuer in den Äther und man musste sich voll konzentrieren, um nicht eine Anweisung zu verpassen.

London wird nördlich umflogen

Wie immer hat man mich mit Kursangaben (Vektoren) nördlich um London herum nach Dover geführt. Dort war dann auch die Wolkendecke verschwunden und man konnte die englische Landschaft mit den kleinen Feldern und den unzähligen Hecken sehen. In der Themsemündung lagen viele Sandbänke frei, weil Ebbe war und im Ärmelkanal war fast so viel Verkehr wie in der Luft.

Southend-on-Sea

Ramsgate

In Dover übergab man mich Brüssel, Brüssel an Luxembourg und von dort wurde ich Strassburg weiter geleitet. Man konnte es aus grosser Höhe schon sehen, wie die Landschaft unter der Hitzewelle in Mitteleuropa leidet.

Der Ärmelkanal südlich von Dover

Der Hafen von Dünkirchen. Die Schlacht von Dünkirchen fand im Mai und Juni 1940 im Zuge des Westfeldzugs während des Zweiten Weltkrieges statt. Während des deutschen Westfeldzugs war die nordfranzösische Stadt Dünkirchen der letzte Evakuierungshafen der British Expeditionary Force, die 1939/40 in Frankreich als Teil der zunächst defensiven Strategie der Westalliierten eingesetzt war. Es gelang den Briten und Franzosen, den Brückenkopf so lange zu verteidigen, bis sie über 330.000 von etwa 370.000 ihrer Soldaten in der Operation Dynamo evakuiert hatten. Die Einnahme der Stadt durch die deutsche Wehrmacht erfolgte am 4. Juni.

Die Strände und der Flughafen von Oostende

Obwohl ich mit 84 Gal volle Tanks hatte, zeigte das MFD, nachdem es mir auf halber Strecke gelungen war es wieder zu starten, einen Verbrauch von 47 Gal und eine Restmenge von 17.4 Gal an…! Was soll man da glauben…?

Südanflug: Eindrehen in die Base des ILS Z 33 über Balsthal

Basel Approach fädelte mich dann auf einen Instrumentenanflug auf die Piste 33 von Süden ein. Das heisst, ich musste einen grossen Bogen bis über den Jurasüdfuss fliegen, bis ich dann endlich auf dem Instrumentenanflug eingefädelt war.

Die Wiesen zahlen der Hitze Tribut…! Vor zwei Wochen war alles noch grün und jetzt wird es braun-gelb!

Die Landung verlief ereignislos, bei Airservice Basel hat man mich erwartet und eingewiesen. Es dauerte keine 10’ bis die Maschine mit Connys Hilfe entladen war. Nun beginnt im Servicecenter die Fehlersuche zum MFD-Problem. Unterstützt werde ich dabei von meinem Wartungsmanager von SAVVYMX in den USA. Unsere Vermutung ist, dass es ein harmloses Problem ist und vermutlich irgendwo ein korrodierter elektrischer Kontakt vorhanden ist, doch dies wird sich in den kommenden Tagen weisen.

Nachdem ich letzte Nacht noch gefroren hatte, kam ich nun in diese unglaubliche Gluthitze. Für mich ist klar, was angenehmer ist!

Wenn wir einen Rückblick auf diese fünfte und sechste Atlantiküberquerung machen, dann sind die folgenden Dinge festzuhalten:

1)   Die schon fast philosophische Dimension des Fluges war, sich ein grosses und anspruchsvolles Ziel zu setzen, vorhandene Risiken mit guter Planung zu minimieren und die Planung dann umzusetzen. Dies im Wissen, dass es immer einen Plan B, oft einen Plan C und manchmal auch einen Plan D braucht. Das ist voll erreicht worden und die Pläne B, C und D habe ich auch immer wieder gebraucht.

2)   Es gehört zur Lebensschulung, auch mit Hürden umgehen zu können. Das defekte MFD mit all den Unwägbarkeiten, die gebrochene Hand, die fehlende Verfügbarkeit von AVGAS in Nordkanada und in Ilulissat, könnten zartbesaitete Menschen vielleicht abschrecken. Doch auch hier zeigt es sich, dass es geht, wenn man solche Dinge als Herausforderungen betrachtet und nicht als Probleme.

3)   Ein weiteres Ziel war, schöne Fotos zu machen und die beiden Plätze Narsarsuaq BGBW und Kulusuk BGKK bei schönem Wetter anzufliegen. Dies ist gelungen.

4)   Fliegerisch wird der Nordatlantik nie Routine. Auch wenn man nicht professioneller Ferrypilot ist, kann man dem Nordatlantik mit guter Vorbereitung seinen Schrecken nehmen. Man darf jedoch den Respekt nie verlieren und muss immer in die übernächste Geländekammer denken.

5)   Erholung! Wer Erholung mit Ausschlafen und Faulenzen gleichsetzt, der ist bei einer derartigen Reise am falschen Ort. Ich habe in diesen Ferien nicht mehr geschlafen als in meinem Alltag auch. Jedoch haben mich die Aufgaben gezwungen, mich vollständig auf die anstehenden Aktualitäten zu fokussieren und mich so aus dem Alltag heraus zu lösen. Und genau das ist der Erholungswert.

6)   Was bleibt ist Demut…! Demut weil einem gezeigt wird, dass man schlussendlich nur ein kleines Staubkorn ist. Da sind so viele Piloten, die viel mehr Erfahrung als ich haben, die jedoch – ohne schulmeisterlich zu wirken – ihr Wissen weitergeben. Vor diesen habe ich grössten Respekt.

Danken möchte ich an dieser Stelle Mike GRAY von http://www.whiteroseaviation.co.uk. Mike hat mich von der Organisation der Handlingdienste und der Hotelzimmer entlastet. Ich kenne Mike nicht persönlich, doch ich habe ihn die letzten beiden Wochen immer als einen humorvollen Charakter erlebt, der flexibel im Hintergrund alles organisiert hat, damit ich mich auf die fliegerischen Aspekte fokussieren konnte. Gerne wieder einmal Mike!

756 NM (1’400 Km)

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