D+1: Wick (EGPC) – Reykjavik (BIRK)

D+1: Sonntag, 9.7.2017 (EGPC Wick -BIRK Reykjavik)

Schon sehr früh bin ich heute wieder erwacht und habe fast eine Stunde das Nordatlantikwetter studiert bevor ich zum definitiven Entscheid kam zu fliegen.

Ich hatte auch genug Gelegenheit, die Wunderwerke britischer Ingenieurskunst zu bewundern. Das Ding auf dem Foto nennt man einen „Durchlauferhitzer“. Wir kennen dies in der Schweiz nur noch aus der Politik und Armee. In Grossbritannien muss man den Durchlauferhitzer als Warmduscher jedoch starten, wenn man – wie erwähnt – warm duschen will. Der Pumpenmotor tönt dann so wie ein Land Rover Defender im Geländegang.

Hier ein weiteres Meisterwerk. Diese Schnur bedient den Lichtschalter! Genial…, nicht!?

Um 0600 UTC ging ich zum Frühstück und lernte dort den anderen Piloten, Ron, kennen, der heute mit seiner Vans RV-7 G-RVTT nach Reykjavik fliegen wollte. Er war 71, flog früher Boeing 757 und 767 und besitzt heute eine Immobilienfirma.

Beim Auschecken im Hotel haben wir nur das Essen bezahlen „dürfen“. Die Hotelrechnung war dann auf der Handlingrechnung von Andrew. Ein weiteres Element in seiner Nahrungskette. Der Schotte brachte uns dann 0730 UTC zum immer noch geschlossenen Flugplatz Wick, welcher unter einer tiefen, grauen Wolkendecke lag.

Ich wollte erst um 1000 UTC starten, da ich sicher war, dass es noch Verzögerungen geben würde. Der Schotte hat mich fassungslos angeschaut, weil ich nicht sofort weg wollte, doch mir lag sehr viel daran, dass im Flugzeug alles an seinem Platz war, ich noch die Scheiben putzen, alle Systeme programmieren und in Ruhe den Frankenstein anziehen konnte!

Er wollte meinen Flugplan selber aufgeben, doch ich wollte sicher sein, dass alles im Ordnung war. Mit einem Affentempo hat er im Zweifingersystem den Fluplan in seinen PC gehackt, ausgedruckt und gefaxt. Ich erhielt einen Bestätigungsausdruck. Damit schien alles zu stimmen….! Ja…, schien…!

Ron wollte um 1000 UTC starten, doch effektiv wurde es bei ihm dann 1020. Das Cockpit seiner zweiplätzigen Maschine war so vollgepackt, dass er sich kaum bewegen konnte. Auf dem Copilotensitz war ein Zusatztank mit 150 Litern Inhalt und damit erreichte er die gleiche Reichweite, welche die Cirrus normal schon hat.

Auch ich zog meinen Frankenstein und die Schwimmweste an, dann stieg ich ins Cockpit, jedoch nicht ohne vorher ein Selfie gemacht zu haben.

Ich habe den Motor gestartet, die Systeme hochgefahren, den VFR Squawk 7000 gerastet, alle Systeme gecheckt und rollte zum Taxiway Charly wo ich den Runup gemacht habe. Da der Flugplatz immer noch geschlossen war, machte ich Blindübermittlung auf 119.70 MHz und startete dann um 0956 UTC bei einem starken Wind unter einem grauen Himmel hinaus in den Atlantik.

Der Schotte hatte mir gesagt, dass ich Scottish Control auf 134.850 MHz aufrufen soll, jedoch bevor ich eine Höhe von 2’000 Fuss erreiche. Das hat auch geklappt, jedoch hatte man bei Scottish Control keine Ahnung von meinem Flugplan. Dieser war gar nie angekommen und ich musste ihn mühsam in der Luft aufgeben. Und dafür bezahlt man noch…!
Ich erhielt den Squawk 7747 und den Hinwwis, dass ich nur Basic Service hatte. Endlich konnte ich auf Flightlevel 140 steigen, war wenige Minuten in den Wolken und an den Tragflächen setzte es sofort Eis an. Doch als ich aus dem Deckel heraus kam, begrüsste mich ein strahlend blauer Himmel mit unendlicher Sicht. Man konnte tatsächlich die Erdwölbung sehen.
Unterwegs hörte ich Ron 40 Minuten vor mir, wie er Airliner bat, seine Position weiter zu leiten, da er keine Landstation mehr erreicht hat. Er durfte ja nur auf 5000 ft steigen, da er VFR (nach Sichtflugregeln) unterwegs war.
Nein…, die Cailler Nuss habe ich nicht vergessen!
Immer wieder einmal die Motorinstrumente checken!

Zwischendurch erinnert mich meine Uhr, die Sauerstoffsättigung im Blut zu checken!

Es schien nur Airliner über dem Nordatlantik in der Luft zu haben. Nur ein einziges Mal hatte ich einen Business Jet auf der Frequenz, welcher in umgekehrter Richtung unterwegs war.

Beim Waypoint BARKU habe ich Scottish nicht mehr erreicht und habe es deshalb bei Reykjavik auf 126.75 MHz probiert. Reykjavik habe ich glasklar verstanden, erhielt mit 2241 einen neuen Squawk und die Oceanic Clearance „Cleared to Reykjavik via BATKU – RATSU – EL“.

Der erwartet starke Gegenwind von 30 Knoten genau auf der Nase hat mit der Zeit auf 17 Knoten abgenommen. Das Flightmanagementsystem zeigte noch eine beruhigende Fuel Reserve von 24 Galonen in Reykjavik an. Beim Waypoint RATSU habe ich Reykjavik nochmals aufgerufen und wollte einen Position Report abgeben. Das war jedoch nicht nötig. Der Controller wollte lediglich meine ETA (Estimated Time of Arrival) bei EL wissen. Sicherheitshalber habe ich nachgefragt, ob er keine Position Reports wolle, dies hat er verneint. Na ja…, ich würde meine extra erstellten Formulare sicher noch verwenden können!

Der Nordatlantik schien ruhig, jedoch war da kein Schiff weit und breit!

Bald erhielt ich die Meldung, ich sei „out of radar range“ und solle die Position 14 Grad West auf Reykjavik 119.7 MHz melden. Als Backupfrequenz gab man mir Iceland Control 126.55 MHz. Aha…, doch Positionsmeldungen, aber nicht so wie ich es erwartet hatte.

Um 1310 UTC überquerte ich dann den Längengrad 14W. Die Meldung konnte ich nur über die Backupfrequenz Iceland Radio 126.55 MHz machen. Auf der anderen Frequenz hatte ich schon längere Zeit keinen Empfang mehr. Der Controller wollte meinen Flightlevel noch wissen und ob ich mit HF Funk ausgerüstet sei. Dieser Anachronismus des HF Funks ist auf der Nordatlantikroute immer noch ein Thema und dies im Zeitalter von ADS-B und Satellitentelefonen.

Etwa 40 NM vor der Küste Islands habe ich eine neue Frequenz erahalten: Reykjavik auf 119.7 MHz. Dort habe ich einfach gemeldet „N138CR, FL 140, Inbound EL“. Das schien zu genügen. Plötzlivh sah ich zwischen den Wolkenschichten blass die Küste. Die ganze Insel schien von Wolken bedeckt zu sein und mein Thermometer zeigte -11 Grad. Dies bedeutete wieder Vereisung!

Ich wurde dann jedoch rasch auf einen RNAV Anflug auf die Piste 31 aufgegleist, erhielt schon sehr früh ein „cleared for approach“ und wunderte mich einfach, wieso man mir bei vier Pistenrichtungen genau die gab, welche am meisten Seitenwindkomponente hatte. 24 Knoten Wind – ohne Böen… und direkt aus 90 Grad…! Manchmal frage ich mich, ob die mich alle ärgern wollen…!

Der Zufall hat es gewollt, dass die Landung von einem anderen CIRRUS Piloten gefilmt wurde:
Nach der Landung wurde ich von einem Marshaller eingewiesen, habe meine sieben Sachen zusammen geräumt, den Frankenstein ausgezogen, die Maschine gesichert und liess dann das Einreiseprozedere über mich ergehen.
Ja…, ich war froh, mich endlich aus dem Frankenstein herausschälen zu können.
Das Hotel liegt nur 20 Meter jenseits des Flugplatzareals und so war ich wenige Minuten später in meinem Zimmer, habe mich etwas frisch gemacht und ging dann etwas essen. Ja…, dieser Tag hatte es in sich und so langsam habe ich wirklich genug Gegenwind gehabt.

640 NM, 4h52′, 58.6 Gal AVGAS

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