D-Day: Bern LSZB – Stornoway EGPO

D-Day: Sonntag, 20.7.2014 (Bern LSZB- Stornoway EGPO)

Es kam alles etwas anders…! Eigentlich wollte ich ja nach Wick EGPC, doch gelandet bin ich schlussendlich in Stornoway EGPO!

Viel geschlafen hatte ich nicht. Der Grund war nicht Nervosität vor dem grossen Flug, sondern die Fokussierung auf die Aufgabe. Tausend Dinge gingen mir noch durch den Kopf und immer und immer wieder habe ich mich gefragt, ob ich wirklich an alles gedacht hatte. Um 0330 UTC bin ich dann aufgestanden und habe die Meteo nochmals überprüft. Es hatte sich seit dem Vorabend nicht viel geändert. 

Nach einem leichten Frühstück sind Conny und ich um 0400 UTC auf den Flughafen gefahren, wo ich nach einem gründlichen Check durch die Security-Leute in Bern noch eine Stunde Zeit hatte um die Maschine voll zu tanken und mich im Cockpit einzurichten.

 
Aufgrund der unwirtlichen Gegenden später auf meiner Reise trug ich auch einen leichten Wanderschuh. Unterwäsche hatte ich atmungsaktive mitgenommen, die ich jeweils am Abend im Hotel mit einem Handwaschmittel auswaschen konnte und die danach rasch trocknete.
 Der Start war um 0600 UTC geplant und effektiv los ging es dann drei Minuten früher. Von Westen zog bedrohlich eine schwarze Gewitterzelle heran, die ich deutlich auch auf meinem Wetterdatalink auf dem MFD (Multi Function Display) im Cockpit erkennen konnte.
Meine Clearance lautete „cleared to Wick with a RAMOK 2 SIERRA departure, Z142 Transition, cleared to flight level (FL) 80 initially and then to FL 100, Squawk 2770“. Auf FL 80 war ich bereits in solid IMC (Instrument Meterological Conditions) und strömender Regen hat für eine saubere Maschine gesorgt. Ich habe keine grössere Flughöhe gewünscht, weil ich nicht in Vereisungsbedingungen geraten wollte.

Das Routing brachte viele Abkürzungen, da nicht viel Verkehr in der Luft war. Bern reichte mich an Basel auf der Frequenz 119.350 weiter und von dort wurde ich an Strasbourg auf 134.575 weiter gereicht. Bald war ich wieder in VMC (Visual Meterological Conditions) und habe mich im Cockpit häuslich eingerichtet. Das FMS (Flight Management System) war für die ganze Route programmiert, die Meteo schien besser zu sein als befürchtet, Wasser und Schokolade waren in Griffweite…, was will „Mann“ mehr!

Im Steigflug hat das System der Cirrus bedrohliche -83 (minus 83) Gallonen Sprit am Zielflugplatz errechnet. Kaum war ich jedoch auf der Reiseflughöhe angekommen, flog ich mit einer komfortablen Groundspeed (GS) von 173 Knoten dahin, der Spritverbrauch war 9.4 Gal/h und für Wick wurde mir noch eine Reserve von 31 Gal errechnet, was beruhigende 3h Flug (= Reserve) am Zielflugplatz Wick bedeutete.

Von oben betrachtet, wurde mir einmal mehr bewusst, wie gross Frankreich im Vergleich zur kleinen Schweiz war. Es hat in Frankreich enorm viel Platz und die Besiedelung ist wesentlich weniger dicht als bei uns.

Über Luxembourg war ich noch kurz in IMC und nachdem ich über dem Flughafen von Luxembourg ein Direct zum COA VOR am Kanal erhalten hatte, klarte auch das Wetter auf. Von einer Waschküche mit grossen Gewitterzellen war weder auf dem Datalink noch visuell etwas erkennbar. Nachdem mich Luxembourg (auf 118.9) an Brussels auf 125.0 weitergegeben hatte, war am Funk wesentlich mehr Betrieb.

Südlich von Brüssel begegnete ich dann einem Wolkenband, welches sich genau auf meiner Flughöhe befand. Brüssel hat mir  problemlos ein Steigen auf FL 140 bewilligt. Dort wurde es jedoch merklich kühler und die Aussentemperatur war nun unter dem Gefrierpunkt. Dies war so lange kein Problem, als ich nicht in Wolken war! Ich musste nun auch Sauerstoff zu mir nehmen und habe die Sauerstoffsättigung im Blut laufend mit einem Pulsoximeter überprüft.

Es war alles im grünen Bereich und auch die errechnete Treibstoffreserve in Wick schien immer noch für drei weitere Stunden Flug reichen. Der Controller auf Brussels Control 128.8 begrüsste mich mit seinem typisch flämischen aber gut verständlichen Akzent. Die Aussentemperetur war nun -4 Grad Celsius. Vor jedem Einflug in eine Wolkenschicht habe ich kurz den Enteiser angeschaltet und so kam es zu keinem Eisansatz.

An der Kanalküste wurde ich aufgefordert mit London auf 135.425 Verbindung aufzunehmen. In England läuft das Fliegen nach Instrumenten etwas anders als bei uns. Nach meinem Aufruf „London from N138CR good morning, FL140, inbound SASKI, request Basic Service“ wurde ich gefragt, ob ich Radar Controlled bleiben wollte. Obwohl ich aus meinen Vorbereitungen wusste, dass ich mit Basic Service auch im unkontrollierten Luftraum fliegen durfte und so die kürzeste Strecke hätte fliegen können, habe ich Radar Service gewählt, weil ich Luftraumverletzungen vermeiden wollte. Ich erhielt eine Route via Clacton CLN und dann Brookmans Park BPK nördlich um London herum. Das war ein Umweg, doch der Sprit sollte trotzdem gut reichen. Der typisch englische Slang der englischen Controller machte die Verständigung nicht eben einfach und verlangte in der One Man Operation volle Konzentration.

Auf FL 140 kam es dann bald zu Eisansatz. Man spürte es wie die Fluggeschwindigkeit deutlich um 10 – 15 Knoten abnahm und dies obwohl nur ein kleiner weisser Streifen von Eiskristallen an der Flügelvorderkante sichtbar war. Ich habe die Controllerin gefragt ob ich entweder auf FL 160 steigen oder auf FL100 sinken könne. FL160 hätte mich aus den Wolken und damit aus der Vereisung gebracht, doch FL160 ist eine Höhe auf welcher sich die N138CR nicht mehr wirklich wohl fühlt. FL100 bedeutete, dass ich in Wolken und etwas Turbulenzen blieb, jedoch aufgrund der höheren Temperatur kein Eisansatz mehr zu befürchten war. Ich habe deswegen die Variante FL100 gewählt.

Mittlerweile hatte ich nun rund die Hälfte der gesamten Distanz hinter mich gebracht und unten breitete sich die typisch englische Landschaft mit Hecken, kleinen Feldern engen Strassen und kleinen Ortschaften aus. Als mich London mit dem Radar Service immer weiter nach Westen führe schmolzen auch meine berechneten Spritreserven am Zielflugplatz dahin. Im Landesinnern hatte ich auch wesentlich weniger Rückenwind. Ich entschied deshalb auf Basic Service zu wechseln, womit ich bezüglich Routing frei war, aber selbst verantwortlich war keine Luftraumverletzungen in einem ziemlich unübersichtlichen Luftraum zu verursachen. Prompt erhielt ich nun eine direkte Route nach Wick, eine neue Frequenz von London Information und begann intensiv auf dem iPad nach Lufträumen zu suchen die ich verletzen könnte. Als ich gesehen habe, dass kein Luftraum höher als FL105 reicht, habe ich gemeldet ich steige jetzt auf FL110 und hatte damit wieder einen Moment Ruhe. Nachdem ich meine Route neu geplant und im Flight Management System programmiert hatte, erhielt ich die Frequenz von Humberside 119.125 und einen neuen Squawk. Dies hing wohl damit zusammen, dass ich aus dem kontrollierten Luftraum raus war. Dies merkte man im übrigen auch, weil es im Funk so ruhig wurde.

Die Gewittertürme an der englischen Ostküste waren noch nicht hoch genug um bedrohlich für mich zu werden und so konnte ich mich mit etwas Schokolade verpflegen, während die N138CR mit 171 Knoten Groundspeed unbeirrt dahin brummte.

Ich wurde jedoch bald etwas unruhig, als ich etwa zwei Stunden vor der Landung die Wetterdaten von meinem Zielflugplatz Wick EGPC anschaute. Horizontalsicht 400 Meter und Vertikalsicht Null waren wenig ermutigend. Auf gut deutsch hiess dies, dass die Nebeldecke auf dem Boden auflag. Ich begann rasch die Varianten zu prüfen und plante 45’ vor der Landung definitiv zu entscheiden. Dies habe ich dann auch gemacht.

Die Bedingungen waren mittlerweile ganz leicht besser und ich habe den Controller informiert, dass ich einen Instrumentenanflug versuchen und – falls es nicht klappen würde – durchstarten würde um meinen Ausweichflughafen Stornoway EGPO am Atlantik anzufliegen (Plan B). Als der Controller meine Absicht hörte, erzählte er mir, dass in Wick jemand seit einer Stunde im Holding war. Nun war klar, dass Plan C her musste und ich bin direkt nach Stornoway weiter geflogen. Andrew Bruce in Wick und das reservierte Hotelzimmer würden mich zwar vermissen, doch das spielte nun alles keine Rolle mehr.

Die Bedingungen in Stornoway waren nun doch wesentlich besser. Mit einem VOR DME Approach und anschliessendem Circling auf die Piste 18 bin ich nach 6 Stunden und fünf Minuten Flugzeit gelandet. Ich hätte noch für weitere 45’ Sprit gehabt, doch trotzdem fliege ich nicht gerne mit einer Fuel Warning!

Zuerst habe ich die Cirrus betankt, was relativ lange gedauert hat. Nicht wegen der Spritmenge, sondern weil der Kreditkartenterminal nicht funktioniert hat. Danach ging ich auf den Kontrollturm, um die Leute dort oben zu begrüssen, habe ein Taxi und ein Hotelzimmer organisiert und mich bei Andrew in Wick entschuldigt. Er hat meinen Entscheid verstanden, war aber der Meinung, dass man in Stornoway eine Bank ausrauben müsse um eine Ladung Sprit zu bezahlen. Andrew neigt zum übertreiben wenn ihm ein gutes Geschäft durch die Lappen geht, doch er ist ein feiner Kerl. Ich habe auch noch mit einem französischen Ehepaar aus Nizza geplaudert, das mit ihrer in Cannes LFMD stationierten Cessna 172 in einer Woche nach Nordschottland geflogen sind. Das Royal Hotel in Stornoway hatte dann den berühmt berüchtigten englischen Charme, doch was solls. Ein Internetanschluss war vorhanden und ich konnte mich – nachdem ich Meatball-Penne mit Knoblauchbrot gegessen hatte – in die Planung der nächsten Etappe stürzen! Heute: 1’763 Kilometer (952 NM), 6h 05′, 39 Liter AVGAS/h

 

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