D+10: Reykjavik BIRK – Prestwick EGPO

D+10: Mittwoch, 30.7.2014 (Reykjavik BIRK – Prestwick EGPO)

Einmal mehr bin ich schon um 0430 LT aufgestanden. Der Blick aus dem Fenster und das Meteobriefing lockten ein zufriedenes Grinsen auf mein Gesicht. Den Flugplan hatte ich schon gestern Abend über Rocketroute aufgegeben und bestätigt bekommen. Ich hatte mir den Spass erlaubt, im Flugplan nicht die Immatrikulation N138CR sondern eine Flugnummer anzugeben, nämlich CIR001 was Cirrus 001 bedeuten sollte. Wenn ich gewusst hätte, was dies am Morgen noch für Auswirkungen haben sollte, hätte ich es lieber gelassen.

Um 0530 war ich frühstücken. Eigentlich hätte die Servicecrew im Hotel mit dem umgehen können sollen, doch ich war schlussendlich froh, dass man mich nicht gleich erschossen hat, als ich zufrieden lächelnd in den Frühstücksraum gekommen bin. Um 0700 LT war ich pronto bei der Handlingcompany.

Der Chef von BIRK-Handling – wie immer mit einem Becher Kaffee in der Hand – hat mich aufgeklärt, dass mein Flugplan zwar von Eurocontrol akzeptiert, aber von der isländischen Flugsicherung abgelehnt worden war. Ich wunderte mich kurz, dass ich weder eine SMS noch eine Mail mit der Ablehnung erhalten hatte. Da der Typ mir aber anbot den Flugplan aufzugeben, habe ich nur mit den Schultern gezuckt und ging zur Maschine um den Preflight Check zu machen. Schliesslich drückte man mir eine Flugplanbestätigung in die Finger, ich zog den Frankenstein an und habe um 0745 die Startup-Clearance bei Reykjavik Ground verlangt. Der Controller war etwas verwirrt und sagte mir, dass er keinen Flugplan für mich hätte. Da ich aber die Bestätigung von BIRK-Handling in den Fingern hatte habe ich ihm diese runtergerattert. Nach einigem Hin und her stellte sich dann heraus, dass ich zwei Flugpläne hatte. Einen als CIR001 (der war nie annulliert worden) und einen von BIRK-Handling als N138CR. Zu allem Überfluss hatten die beiden Flugpläne noch unterschiedliche Routen und das Durcheinander war komplett. Schliesslich haben wir uns dann geeinigt, dass ich den Flug als CIR001 durchführe. Einmal mehr: Wieso bezahle ich 144 Euro für Handling, wenn die Typen nur ein Chaos anrichten?

Ich konnte auf der Piste 09 bei schönstem Wetter starten und statt eines SID (Standard Instrument Departures) konnte ich gleich nach dem Start auf Kurs Richtung Osten gehen. Das nahm ich dankend an, weil es eine schöne Abkürzung war. Ich war auf folgender Route auf FL 130 unterwegs: BIRK MOXAL RATSU BARKU BILLY STN A1D GOW EGBK. Schon früh konnte ich eine Abkürzung direkt nach RATSU nehmen. Schnell kam eine Wolkendecke, welche von abziehenden Tiefdruckgebiet stammte. Ich war jedoch hoch genug um darüber zu fliegen. Es hatte einen schönen Rückenwind und so zog ich im strahlenden Sonnenschein zufrieden dahin, während unter mir eine Wolkensuppe am brodeln war und manch anderer Verkehr unter die Nullgradgrenze absinken musste um nicht zu vereisen.

An der Isländischen Südküste erhielt ich die Info von Reykjavik Control 119.7, dass der Radarkontakt für ca. 15 Minuten verloren gehen würde. 10 Minuten später meldete der Controller, dass er mich wieder auf dem Radar habe.

Die Vestmannaeyjar (Westmännerinseln) sind eine Inselgruppe vulkanischen Ursprungs 10 bis 30 Kilometer südlich der isländischen Küste, die aus 14 Inseln, 30 Schären und 30 Felsen bestehen.

Statt Mittagessen gab es eine weitere Cailler Nuss und ich stellte erfreut fest, dass meine Vorräte genau bis zur Rückkehr reichen würden.

Reykjavik Control gab mich weiter an Iceland Radio 127.85 und bei RATSU habe ich versucht mit Scottish Information auf 133.675 Kontakt aufzunehmen. Dies gelang mir dann nach 15 Minuten auch. Nicht schlecht gestaunt habe ich, als man mir über den Hebriden schon mitteilte, welche Piste in Prestwick in Betrieb sei. Eine der ersten Fragen des Controllers war, welchen Service ich wolle. Ich verlangte Basic Service, weil ich im britischen Luftraum dann mit der Routenwahl frei war und so weiter abkürzen konnte. Ich war – als Nachteil – jedoch auch verantwortlich keine Luftraumverletzungen zu machen. Mit allen Tools die man heute hat, ist dies jedoch nicht sehr problematisch.

In einer Distanz von etwa 40 Meilen von Prestwick bekam ich die Freigabe von FL 130 auf 3’500 ft zu sinken. Nachdem ich die graue Wolkendecke durchstossen hatte, kam Prestwick in Sicht, bald sah ich den Platz und ich habe einen Sichtanflug verlangt und mir damit die Anfluggebühren gespart.

Es hatte doch recht viel Seitenwind und ich musste etwas zirkeln um eine schöne Landung hinzukriegen. Man war über meine Ankunft informiert und kaum hatte ich die Piste verlassen stand schon der Pickup von Landmark Aviation bereit, welche für mein Handling verantwortlich war. Ich habe irgendwie nicht verstanden, wieso man mich mitten auf ein riesiges Rollfeld hingeführt hat. Da stand ich nun mitten in der Pampa, habe den Motor abgestellt, ein halbes Dutzend Leute sind um die Cirrus herumgerannt (auch wandelnde Spesen genannt) und ein riesiger Tankwagen stand bereit.

Der Chef der Truppe hatte dann endlich die grandiose Idee, dass die Cirrus alles blockiert und man wollte sie zurück schieben. Ich sass immer noch mit dem Frankenstein in der Cirrus und habe aus dem Cockpit gerufen, dass dies bei einem geschleppten Bugrad ohne Towbar nicht gehe. Das glaubten sie mir jedoch nicht und haben angefangen rückwärts zu schieben bis sich das Bugrad quergestellt hat. Ich also im Frankenstein raus aus der Maschine, Towbar rausgeholt und der Mannschaft gezeigt wie man eine Cirrus rückwärts schiebt. Der Fahrer stand schon mit einem Van mit abgedunkelten Scheiben bereit und wollte, dass ich einsteige. Ich habe ihm dann klar gemacht, dass ich nicht mit dem Frankenstein ins Hotel gehen möchte, habe auf dem Vorfeld meinen obligaten Strip hingelegt und dabei mit einem Auge das Tanken kontrolliert.

Die heutige Etappe: 767 NM (1’420 Km), Durchschnittsgeschwindigkeit 170 Knoten (315 Km/h) und nach der Landung die Tanks noch 1/3 voll.

Dann endlich war ich bereit für den Transport ins nahe PARKSTONE Hotel. Dieses war sehr gemütlich, aber auch etwas kauzig direkt am Strand. Alles war sauber und gepflegt, jedoch auch sehr alt. Ich kam mir vor wie früher bei Oma mit schmalen knarrenden Treppen und kleinen verwinkelten Räumen. Irgendwie war es wie eine Puppenstube. Müde habe ich mein Gepäck abgestellt und ging dann etwas an den Strand um etwas aufs Meer hinaus zu schauen und den Wind im Gesicht zu spüren. Es hat sehr gut getan. Langsam begann ich zu realisieren, dass meine Reise bald zu Ende sein würde.

Das Nachtessen habe ich im Hotel eingenommen. Einmal mehr: wegen der Küche muss man nicht in England Urlaub machen. Den Rest des Abends verbrachte ich dann mit dem Laptop auf den Knien als einziger Gast in der Bar und konnte so gemütlich die Flugplanung für das letzte Leg morgen machen. Um ca. 1400 würde ich wieder in Bern sein, doch in meinen Gedanken war ich immer noch irgendwo über dem eiskalten Wasser des Nordatlantiks und über Grönland, einer Gegend die mich wohl nie mehr loslassen wird.

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