D+3: Sondrestrom BGSF – Nuuk BGGH – Sondrestrom BGSF

D+3: Mittwoch, 23.7.2014 (Sondrestrom BGSF – Nuuk BGGH – Sondrestrom BGSF)

 

Auch heute war ich nach wenigen Stunden Schlaf wieder mit der Meteoplanung beschäftigt. Der Flug nach Iqaluit CYFB wäre an diesem Tag definitiv unmöglich gewesen. Die Meteo-Situation für den Folgetag sah jedoch nach wie vor gut aus.

Nachdem ich den heutigen Flug nach Nuuk BGGH fertig geplant und den Flugplan mit Homebriefing aufgegeben hatte (das funktioniert sogar hier) ging ich frühstücken. Die Überraschung war jedoch gross, als ich sah, was ich zur Auswahl hatte. Da war je ein Kanister mit Milch und Orangensaft, zwei verschiedene Sorten Brötchen (Mohn und Sesam) und je eine Schale mit Corn Flakes und Haferflocken. Das war alles! Ich habe deshalb eine Art „Haferflockensuppe“ gegessen und ein trockenes Brötchen mit einem Glas Orangensaft runter gespült. Es gilt das Motto „Trockenbrot macht Wangen rot“. Wer also kulinarisch eine Erwartungshaltung hat, der sollte nicht unbedingt Ferien in Grönland machen.

Das einzige Hotel am Platz war eigentlich eher ein Container!

Um 0900 UTC (0700 LT) hatte ich einen Shuttle zur Airbase organisiert, habe die Betankung der Cirrus in Auftrag gegeben und wartete dann im General Aviation Terminal, bis dies über die Bühne war. Danach brachte man mich auf den riesigen Apron East, ich machte in Ruhe die Cirrus bereit und richtete mich im Cockpit ein. Es war ein ungewohntes – aber gutes – Gefühl, wieder einmal mit normalen Kleidern fliegen zu können.

Das Routing führte mich via GILPO –  BAKUG –  ADAVA – NUTKA nach Nuuk BGGH. Das Standard Instrumenten-Abflugverfahren in Sondrestrom geht in Pistenrichtung 09 auf 5’300 Fuss um klar von den grössten Hügeln zu kommen.

So musste ich heute mit 11 Knoten Rückenwind starten, was bei der langen Piste jedoch kein Problem war. Schon auf 3’500 Fuss musste ich jedoch einem Airliner Platz machen, bekam die Anweisung nach links auf meine Route zu drehen und weiter auf FL 110 zu steigen.

Der kurze Flug verlief ereignislos. Die Funkverbindung klappte einigermassen, jedoch war ich auch heute nicht unter Radarführung und musste deshalb wieder die Meldungen nach Schema F machen, damit die Lotsen die Maschinen trotzdem einigermassen staffeln konnten. In meinem Fall wurde es etwas hektisch, als eine Dash-8 der Air Greenland von hinten aufholte und ich schliesslich doch noch früher mit dem Sinkflug auf Nuuk BGGH beginnen konnte und damit genug Speed hatte, um locker vor dem Airliner zu landen.

Wer für Instrumentenflüge ausgebildet ist, wird es in weiten Teilen Europas nicht gewohnt sein, ohne Fluglotsen und Radarführung nach Instrumenten zu fliegen. Hier in Grönland ist man ganz auf sich alleine gestellt. Betrachtet man die Anflugkarte des Flugplatzes Nuuk BGGH (unten), dann fällt einem unter anderem der kleine Kreis oben rechts auf. Das ist die sogenannte Minimum Sector Altitude MSA. Die angegeben Höhen in den Sektoren sind die Höhen, in welchen ein Flugzeug in Wolken ohne Sicht noch einen sicheren Abstand zum Gelände in einem Radius von 25 NM um den Flugplatz herum hat. In meinem Fall heute war es nun so, dass ich auf FL 110 über den Wolken von Norden her den Platz anflog und erst als ich in diesem 25 NM Radius war mit dem Sinkflug auf 5’000 Fuss beginnen konnte. In Mitteleuropa würde einem der Flugverkehrsleiter, welcher den Flug auf dem Radar verfolgt, die Anweisung zum Sinken geben. Hier ist man ganz alleine auf sich gestellt. Die hohen Felswände links und rechts vom Kurs würden keinen Fehler verzeihen.

Heute bin ich jedoch schon auf 7’000 Fuss aus den Wolken gekommen, hatte Sicht auf den Boden und konnte weit vorne die Piste von Nuuk ausmachen, die wie ein Flugzeugträger auf einer Felsplatte über dem Meer liegt. Wie im Fahrstuhl ging es nach unten und von hinten kam ja noch die Air Greenland mit der Flugnummer 553 die das Gleiche vor hatte wie ich, aber um einiges schneller war. So bretterte ich mit stolzen 200 Kn den Approach runter.

Die Landung war dann unspektakulär und die Luftverwirbelungen um die Felskante herum haben nicht gross gestört. Ein Marshaller hat schon auf mich gewartet und brachte wies mich zu meinem Abstellplatz hinter einer englischen PIPER SARATOGA und einer nagelneuen amerikanischen CIRRUS SR22-G5. Der eine Pilot der CIRRUS kam aufgeregt zu mir. Sie waren hier gestrandet, weil über dem Eispanzer von Grönland enorm starke Ostwinde herrschten, die mir zwar ein gutes Vorankommen gebracht hatten, jedoch für alle Flieger in der anderen Richtung ein Problem waren! Die beiden wollten die neue Maschine die frisch aus dem Werk kam nach Slowenien überfliegen und hatten es in Betracht gezogen in Kulusuk an der grönländischen Ostküste eine Zwischenlandung zu machen. Ich habe ihnen abgeraten, weil ihre neue Maschine an der Schotterpiste in Kulusuk wenig Freude haben würde. Das war den beiden nicht bewusst und so bestellten sie ein Taxi und fuhren wieder ins Hotel. Die nächsten beiden Tage haben sie wohl dort bleiben müssen.

Als sie mich gefragt haben ob ich Ferrypilot sei und eine Maschine in die USA zum Verkauf überfliege, habe ich ihnen gesagt, dass ich Ferien und einen alten Traum wahr mache. Die beiden konnten es nicht fassen, dass jemand freiwillig eine derartige Strapaze auf sich nimmt. Es hat trotzdem für einen Schwatz gereicht. Wenn Piloten einen Schwatz machen dann geht es immer um Flugzeuge, Flugplätze, Flugwetter und andere Piloten. Es war erstaunlich, wie viele gemeinsame Bekannte wir doch hatten, obwohl wir einander noch nie gesehen hatten. Einmal mehr: Die Welt ist klein.

Solche Dinge können nur in Grönland passieren!

Nachdem ich die Landegebühren bezahlt und mich von den beiden verabschiedet hatte, machte auch ich mich wieder auf den Weg. Der hilfreiche Towerlotse hat den Flugplan für mich aufgegeben und ich hatte um Erlaubnis gebeten, vor dem Einfädeln auf der Luftstrasse eine kleine Ehrenrunde nach Sicht machen zu dürfen. Dies wurde mir problemlos bewilligt und so hat es einige schöne Bilder der kargen Umgebung gegeben. Der Rückflug ging dann auch wieder auf einer fast geraden Linie nach Norden über die Punkte KU – ROSIE – KUGA zurück nach Sondrestrom BGSF.

 

 

 

Blick zurück auf den Flugplatz von Nuuk

Hier noch ein Wort für alle meine Freunde und Bekannten, die den Flug auf Flightradar24 mitverfolgten: Sie konnten mich nur verfolgen, wenn ich irgendwo in einer Radarüberdeckung war. Mitten über dem Ozean oder den Weiten des grönländischen Icecaps war dies natürlich nicht möglich.

Nach der Landung in Sondrestrom liess ich die Maschine betanken und machte mich an die Planung des nächsten Tages und an das Sortieren der vielen Fotos vom heutigen Tag. Das Nachtessen war dann wieder Frust pur! Ein Stockfisch-Sandwich, eine Cola Zero (immerhin!) und eine Orange. Neben dem Flug wartete am nächsten Tag noch eine weitere Herausforderung auf mich: Die beiden GPS in der CIRRUS hatten im Moment noch eine Europäische Database. Die Grenze zwischen der Database ATLANTIC (Europa) und AMERICAS (USA und Kanada) verläuft mitten durch die Davis Strait. Da ich jedoch nicht mitten im Flug übers Eismeer die Database wechseln konnte, wollte ich die Database AMERICAS schon vor dem Start laden. Die Fixpunkte auf der Europäischen Seite hatte ich als sogenannte User-Waypoints manuell abgespeichert. Sicher ist sicher – dachte ich!

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